5.25 Uhr und ich sitze vor meinem Computer. Um 3.45 war ich wach und hätte noch gemütlich 3 Stunden schlafen können bis mein Wecker klingelt. Kennt ihr das, mitten in der Nacht aufzuwachen und nicht mehr einzuschlafen?
Sandmann, komm bitte!
Heute Nacht war es mal wieder so weit und egal, wie ich mich drehe und wende in meinem Bett, ich bin hellwach. Kein Sandmann trägt mich auf seinen starken Armen zurück in die Traumwelt. Starke Arme, da gehen jetzt aber meine Kinder- und Erwachsenenfantasien durcheinander! In meiner Kindheit gab es das westdeutsche Sandmännchen und das ostdeutsche Sandmännchen. Das ostdeutsche war wunderbar und ich kann heute noch die Melodie mitsingen.
Als mein Sohn klein war, haben wir auch manchmal deutsches Kinderfernsehen geguckt hier in Barcelona und wenn dann um 18.30 oder 19.00 der Sandmann den deutschen Kindern gute Nacht gesagt hatte, wunderte sich mein Sohn, denn hier in Spanien galt diese Uhrzeit als später Nachmittag. Kein spanisches Kind dachte auch nur im Traum daran, um 19.00 schlafen zu gehen!
Schlafempfindlich war ich schon immer. Ich gehöre nicht zu den Personen, die im Bus, im Auto, oder mit dem Kopf auf dem Schreibtisch kurz mal ein Nickerchen halten. Ich beneide diese Menschen aus vollem Herzen!
Dschungeltaugliche Babys
Mein Sohn ist als Baby nachts jede Stunde aufgewacht. Er wollte dann gestillt werden oder einfach mal kurz Hallo sagen. Wer weiß denn wirklich, was so ein Baby will? Er ist dann immer direkt wieder eingeschlafen und war morgens um 6.30 topfit. Ich war eine Art Zombiemama, die sich wie in „The walking dead“ ungewaschen und zerzaust mit ihm auf den Spielplatz schleppte.
Lustigerweise waren wir damals mit ihm einmal bei einer Kinderpsychologin mit Spezialgebiet Schlafen. Das heißt nicht, dass sie bei der Arbeit schläft und vermutlich gibt es für ihren Beruf auch einen Fachbegriff. Sie wusste auf jeden Fall extrem gut Bescheid über das Schlafthema. Nach ein paar Tagen, wo ich die Schlaf- und Wachzeiten meines Sohnes aufschreiben musste, sagte sie uns:
„Ihr Sohn hat ein Schlafverhalten wie ein Baby, das im Dschungel überleben muss. Diese Babys schreien jede Stunde und ich kann Ihnen versichern, kein wildes Tier würde dieses Kind anrühren.“
Dann sagte sie noch, dass er ausreichend Schlaf bekäme und dass wir uns keine Sorgen um ihn machen sollten, denn spätestens, wenn er 3 oder 4 Jahre alt sei, höre das von alleine auf.
Irgendwie war ich stolz auf ihn: Mein Sohn würde im Dschungel überleben. Nur: was hilft mir das in einer Stadtwohnung in Barcelona? Und, wenn es noch 3 Jahre dauern kann, wie schaffen wir Eltern das?
Irgendwie haben wir es geschafft und die Psychologin hatte auch mit der anderen Prognose recht, drei Jahre später schlief mein Sohn. Mein Schlafrhythmus hat sich nie wirklich erholt davon und jetzt liege ich nachts wach und ohne Baby ist das irgendwie sinnlos.
Achtsamkeitsübungen, die wütend machen
In schlaflosen Nächten heute mache ich erstmal Atemübungen, ehrlich gesagt schaff ich das mit dem Zählen aber nicht immer und schweife ab mit meinen Gedanken. Achtsamkeit ade! Zum Lesen lieber raus aus dem Bett hat man mir geraten, damit das Gehirn nicht denkt: „Aha, das Bett ist zum Lesen da!“ und somit gar nicht mehr an Schlaf zu denken ist.
Wie schafft man es aber im Winter aus dem warmen Bett aufzustehen und auf das kalte Sofa zu gehen? Ich schaffe das meist nicht.
Die Stunde von 3.00 und 4.00 nachts wird auch „Wolfsstunde“ genannt. Hormonbedingt ist das jedenfalls eine typische Aufwachzeit, habe ich einmal in einem Artikel in der Süddeutschen gelesen.
Da gab es auch viele gute Tipps und Achtsamkeitsübungen, um wieder in den Schlaf zu finden, mein Problem ist nur: Wenn ich völlig übermüdet nach 3 verschiedenen Achtsamkeitsübungen immer noch nicht schlafe, werde ich wütend, dass ich immer noch nicht schlafe.
Wut oder Frust sind nicht hilfreich beim Wieder-einschlafen. Über Probleme in der Familie oder an der Arbeit nachzudenken und Dinge, die noch erledigt werden müssen ist auch kontraproduktiv.
Etappenschlafen, die Alternative?
Manchmal hilft es mir, an Wasser zu denken. Bächlein, die durch einen Wald fließen, über Steine und weichen Waldboden. Oder ich sehe mich im Meer treiben, die Sonne scheint, das Wasser ist türkisblau. Relaxende Schlafbilder, spätestens wenn ich mir dann aber eine Wassermühle vorstelle mit den ganzen Plätschergeräuschen dazu, muss ich auf Toilette.
Ich habe einmal gelesen, dass es im Amazonasgebiet Indianer gibt, die immer nachts um 2.00 aufstehen. Das ist dann der Moment, wo alle Sex haben miteinander. Danach schlafen sie weiter. Auch ein interessantes System, je nach Familiensituation aber auch unrealistisch. Im Moment jedenfalls für mich keine Hilfe.
Im Mittelalter war es auch bei uns für viele Erwachsene üblich, in zwei Etappen zu schlafen und die Zeit dazwischen zum Studieren, Beten oder Arbeiten zu nutzen.
Große Künstler wie Leonardo da Vinci haben angeblich nur 2-3 Stunden pro Nacht geschlafen. Leider gibt es keinen Umkehrschluss, dass du extrem kreativ wirst oder große Kunstwerke erschaffst, wenn du nur wenig schläfst. Mir ist das jedenfalls noch nicht passiert.
„Vor dem Schlafengehen wenig Aufregung“ ist noch ein guter Tipp für den ruhigen Schlaf. Im Alltag allerdings auch oft nicht so einfach umzusetzen. Warum muss ich abends noch die spannende Netflixserie anschauen über eine ungeklärte Mordserie? Weil ich leider auch manchmal einfach meinen Impulsen nachgehe. Je mehr ich schreibe, desto mehr merke ich, wie facettenreich das Thema Schlaflosigkeit ist. Ein Tipp zum Schluss: Vielleicht sollten wir Schlaflosen gleich den Amazonasindianern in einem großen Zelt leben und die schlaflose Zeit sinnvoll nutzen.
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