Gestern habe ich die Zahl zum ersten Mal geschrieben: 2022! Es gibt bei mir in jedem neuen Jahr den Moment, wo ich auf einer Rechnung oder irgendeinem anderen Formular die Zahl des neuen Jahres schreibe und dabei denke: „Verrückt, schon wieder ein Jahr vorbei!“ Es ist ein ehrfürchtiger Moment, die neue Zahl zum ersten Mal zu schreiben.
Die Jahre gehen immer schneller vorbei
Es scheint mir, dass die Jahre schneller vergehen mit dem Älterwerden: Silvester, wieder draußen Schwimmen, Steuererklärung, Geburtstag, Sommerferien, endlich wird es kühler und oh je, schon wieder Weihnachten! So schnell gehen meine Jahre dahin. Als ich jünger war, war ein Jahr unendlich lang. Als Kind erinnere ich die große Freude darauf, endlich ein Jahr älter zu werden! Hin zu neuen Freiheiten, neuen Abenteuern. Wie fühlt es sich wohl an, 13 zu werden oder 18, fragte ich mich als Kind. Mit 30 hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, ein stattliches Alter erreicht zu haben und schrieb die Zahl mit Wasser auf die Papiertischdecke des Restaurants, in dem ich mit Freunden saß. Verrückt, 30 Jahre, das kommt mir aus heutiger Sicht sehr jung vor!
Die guten Vorsätze für das neue Jahr
Silvester war für mich viele Jahre das Fest der großen Erwartungen. Abschied von dem alten und Vorfreude auf das neue Jahr mischten sich an dem Tag und ich dachte: „Wenn ich mich nur richtig gut auf alle meine Wünsche und Vorsätze im neuen Jahr konzentriere, wird das Jahr richtig gut!“
Silvester 2021/2022 war ein ruhiges Fest für mich. An große Feiern hat in meinem Umfeld sowieso niemand mehr gedacht und irgendwie passte es in meine Grundstimmung. Ein ruhiges Treffen mit einer Freundin und ihrem Partner. Ein gutes Essen und gute Gespräche. Dann noch ein paar Karten meiner Freundin ziehen, die etwas zu uns und unserem neuen Jahr sagen. Hießen die Karten Seelenorakel oder waren es die Krafttiere? Ehrlich gesagt ist mir ein bisschen egal, was für Karten das sind. Es ist meist spannend und kurios und regt auf jeden Fall zum Nachzudenken an. Über das vergangene Jahr und über das neue. Ich zog diesmal die Karte des Maulwurfs, aber das nur am Rande…
Nachts kurz hoch auf den Balkon der Nachbarn und dann waren wir alle müde. Wann habe ich je zugegeben, an Silvester müde zu sein? Was für ein Luxus, an Silvester in Pandemiezeiten kannst du einfach sagen: „Ich bin jetzt müde und geh schlafen!“
Bye bye, ihr guten Vorsätze!
Ich habe diesmal keine großen Vorsätze für das neue Jahr. Abnehmen, gesünder leben, ein besserer Mensch werden. Hat das jemals bei mir geklappt? Ich glaube nicht wirklich und wenn dann nur sehr kurz. Ist da mein innerer Saboteur am Werk? Wenn ja, könnte ich diesen vielleicht überlisten, indem ich mir das Gegenteil von dem wünsche, was ich mir sonst so wünsche.
2022, ich möchte zunehmen, ungesund leben und mich als Mensch verschlechtern! Klingt nicht gut, ich glaube, das wünsche ich mir vorsichtshalber nicht. Wenn ich etwas in den letzten beiden Jahren gelernt habe, dann ist es, dass sich sowieso dauernd alles ändert. Du machst Pläne für etwas und es wird wieder alles über den Haufen geworfen. Ja, manchmal ist das frustrierend, das gebe ich zu. Ein bisschen lerne ich aber auch dabei. Ich lerne, die Dinge nicht mehr so festzuhalten. Spontan zu bleiben. Zu beobachten und dabei zu denken: „Jetzt ist es so!“ Und: „Aha, jetzt ist es anders!“ Ich bin tatsächlich mehr im Hier und Jetzt.
Einfache Atemübungen…
Werden wir alle zu Buddhisten? Irgendwo habe ich bei dieser Religion gelesen, das Leben sei wie der Himmel in stetiger Veränderung. Die große Kunst sei es, die Wolken zu sehen und an sich vorbeiziehen zu lassen. Klingt erstmal einfach. Etwas ohne groß nachzudenken vorbeiziehen zu lassen, fällt mir gar nicht so leicht. Viele von uns haben vermutlich im Laufe ihres Lebens probiert zu meditieren, oder eine einfache Atemübung zu machen. Zur Entspannung, um Stress abzubauen oder einfach nur, um besser einschlafen zu können.
Ich mache manchmal eine sehr einfache Atemübung, bei der man das Ein- und Ausatmen zählt. Du atmest ein und denkst: 1, du atmest aus und denkst: 1. Dann atmest du wieder ein und denkst: 2, und atmest aus und denkst 2. Und immer so weiter. Der Clou ist, an nichts anderes zu denken. Immer, wenn du zwischendurch an etwas anderes denkst, fängst du wieder bei eins an.
Im besten Falle macht es müde und du kannst einschlafen. Schäfchen zählen, ohne dabei von Schäfchen abgelenkt zu werden sozusagen.
Ich komme meist nur bis 2 oder 3 und dann schiebt sich ein Gedanke dazwischen. Ich denke ausatmen 2 und dann denke ich „Morgen muss ich Klopapier einkaufen!“. Wieder bei 1 anfangen. Dann, gerade bis 3 geatmet denke ich „Hab ich das Wasser bei der Waschmaschine abgestellt?“. Wieder bei 1 anfangen. Manchmal denke ich auch: „Wie es wohl Ingrid geht?“ Und zurück zu 1. Ganz selten komme ich bis 10. Es ist kein Wettbewerb und meist bleibe ich gelassen und atme ruhig weiter. Im besten Fall schlafe ich irgendwann zwischen 3 und 4 und der Einkaufsliste für den nächsten Tag ein. Alles ist gut, es macht gar nichts, gedanklich abzuschweifen. Es ist gut, ruhig zu bleiben und die Dinge zu nehmen, wie sie sind.
An manchen Tagen komme ich in den Ehrgeiz, es bis 10 mindestens schaffen zu wollen und dann fange ich an, mich zu ärgern und die Atemübung verliert ihren Sinn. Ich weiß auch nicht, ob nur in meinem Kopf so viel los ist, oder ob andere Menschen ebenfalls schnell abgelenkt sind. Probiert es mal aus und schreibt mir dann eure Erfahrungen damit.
Ich hoffe jedenfalls, ihr habt einen guten Jahresanfang, egal ob ihr mit großen Wünschen oder einer guten Portion Gelassenheit in das neue Jahr eingestiegen seid. Ich atme mich weiter so durch und das ist doch schon mal ein ganz guter Anfang.
Hanne
Wie immer, Deine Geschichte gefällt mir.
Ich glaube, dass viele Leser ähnliche Erinnerungen an die verflossenen
Jahre haben. Mich haben sie auch an meine Jugend und Kindheit erinnert.
In der Hoffnung bald wieder etwas Neues von Dir zu lesen, grüße ich herzlich.
Stefanie Pfeil
Das freut mich! Bald gibt es mehr, liebe Grüße,
Stefanie